Balkongarten

Gastbeitrag von Deike alias kuestenbalkon

Es folgt ein Gastbeitrag von Deike. Unter ihrem Profilnamen kuestenbalkon findet man sie bei Instagram. Dort berichtet sie von Kiels wohl grünsten Balkon. Dabei ist sie innerhalb von nur einem Jahr vom blutigen Anfänger zum Balkonprofi geworden. Mit vertikalen Lösungen und allerlei Gemüseversuchen in diesen und im Topf ist ihr Kanal spannend, bunt und vielseitig. Dabei kommt gefühlt fast alles an Gemüse auf den Balkon, was es gibt und lässt staunen, was doch alles möglich ist. Aber nicht nur Erfolge, sondern auch Misserfolge werden inklusive Learning geteilt. Immer sympathisch, immer mit ganz viel grünem Herz.


Liebe auf den ersten Blick: Mein Balkon und ich

Bei der Wohnungsbesichtigung im Januar 2021 lag noch Schnee, der Balkon war vollgestellt mit Kram der Vormieter und ich konnte nur im Ansatz die gesamte Länge erahnen. Ich hatte vorher jahrelang in einer kleinen Studentenbude mit zwei Fenstern gelebt und konnte gar nicht fassen, dass dieser zwölf Quadratmeter große Ostbalkon nun vor meiner Wohnzimmertür sein würde. Die Vormieter hatten ein selbstgebautes Hochbeet zurückgelassen und da ich im Frühjahr begonnen habe, alles aufzuräumen und die ersten Balkonkästen anzubringen, durften dort auch direkt ein paar Pflanzen einziehen. Hatte ich mit dem Gärtnern bisher wenig am Hut, wurde der nächste Lockdown genutzt, um immer mehr Beete, Säcke mit Erde und Pflanzen in den dritten Stock zu schleppen. Das Fieber hatte mich gepackt!

Balkongarten vorher nachher
vorher – nachher, ein großer Unterschied, der Küstenbalkon nach nur 4 Monaten

Vertikale Hochbeete Balkongarten

Versuch macht klug

Ich hatte zwar aufgrund etlicher Zimmerpflanzen ein grundsätzliches Verständnis von Pflanzenpflege, aber wusste nicht, wie ein Brokkoli wächst oder dass Gurken und Zucchinis nicht unbedingt die allerbesten Balkonbewohner oder Anfängerpflanzen sind. Eigentlich wusste ich gar nichts, außer das, was hinten auf den Saatguttütchen oder den Etiketten der Pflanzen stand, die ich gekauft habe. Was soll ich sagen? Es hat trotzdem irgendwie funktioniert. Mein erster Erntekorb hat mich so stolz gemacht, dass ich auf die Idee kam, mein Glück mit anderen bei Instagram zu teilen. Das war mein eigenes Gemüse! Ich hatte den Samen in die Erde gesteckt, die Pflanze gepflegt und nun die Belohnung dafür bekommen. Mit Hilfe von anderen Profilen und natürlich auch mit zunehmender Erfahrung konnte ich schon im ersten Jahr schwere Fehler erkennen und beim nächsten Mal vermeiden, habe nützliche Tricks zum Umgang mit ungewünschten Besuchern recherchiert und immer wieder gestaunt, wie glücklich mich dieser Balkon mit all seiner Vielfalt macht. Ausgelernt habe ich noch lange nicht, stattdessen wird mir immer bewusster: Versuch macht klug. Einiges klappt in einem Jahr, anderes in einem anderen. Mancher Topf ist zu klein, ein anderer zu groß, die eine Ecke zu schattig, die andere zu feucht – oder vielleicht genau richtig, nur eben nicht für diese Gemüsesorte.

 

 

Erntekorb Balkongarten

Balkongärtnern ist gesund und nachhaltig

Das Gärtnern auf dem Balkon ist für mich der ideale Ausgleich zum Beruf und hat oft etwas Meditatives: Die Ruhe, die Nähe zur Natur, das Arbeiten mit den Händen in der Erde, die Freude darüber, dass man nach getaner Gartenarbeit direkt sieht, was geschafft wurde, und nicht zuletzt das grandiose Gefühl, die eigene „Produktion“ in den Händen zu halten. Daneben weiß ich, was alles in meinem eigenen Gemüse enthalten ist. Immerhin suche ich die Erde aus, ziehe die Pflanzen selbst und weiß auch, womit sie (nicht) behandelt wurden. Zudem wächst die Wertschätzung für Lebensmittel ungemein, schließlich brauchen gewisse Früchte teilweise mehrere Monate, bis sie geerntet werden können und das weiß man am besten zu schätzen, wenn man sie dabei begleitet. Nicht selten schrecken mich prallgefüllte Obst- und Gemüsetheken in Supermärkten ab. Die Auswahl, Preise und Massen passen einfach oft nicht mehr zu meiner Wertvorstellung von gesundem, klimaneutralem Gemüse. Dass grüne Oasen zudem einen beträchtlichen Beitrag für das Klima und das Ökosystem in der Stadt bewirken, ist nur ein weiterer großer Bonus eines Balkongartens.

Deike alias Küstenbalkon auf ihrem Balkongarten in Kiel
Deike alias Küstenbalkon auf ihrem Balkongarten in Kiel

Selbstversorgung auf dem Balkon – kann das klappen?

Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht, da es auf mehrere Bedingungen ankommt: Wie groß ist und wo liegt der Balkon? Wie viele Menschen sollen versorgt werden und welche Menge sowie welche Auswahl an Obst und Gemüse wird überhaupt verzehrt? Wenn unter „Selbstversorgung“ verstanden wird, dass man gar keinen Fuß mehr in den Supermarkt setzt, um dort Obst und Gemüse zu kaufen, dann wird es in jedem Fall schwer.

Wir leben im Sommer zu zweit meist so gut vom Balkon, dass wir tatsächlich selten Gemüse dazukaufen müssen. Doch ab Herbst werden die Erntekörbe kleiner und die Beete bei mir leerer, bis ich ab Ende Mai wieder regelmäßig ausreichende Mengen ernten kann. Neben dem Anpflanzen und Ernten der Pflanzen gehört auch die Verarbeitung bzw. Haltbarmachung der Ernte mit dazu. Nach einem erfolgreichen Tomatenjahr zehre ich noch lange von meinen eigenen Tomaten, die in der Tiefkühltruhe lagern oder zu einer Sauce verarbeitet und anschließend eingekocht wurden.

Vertikale Beete Balkongarten
Optimale Platzausnutzung durch vertikales Gärtnern

Das Platzproblem

Wer sich jetzt denkt „Na, sie hat gut reden mit ihrer halben Dachterrasse“, den kann ich beruhigen – auch ich habe immer Platzprobleme. Deshalb verweise ich an dieser Stelle nochmal auf die Empfehlungen von Caro in ihrem Beitrag „Ein Balkongarten“ hin, denen ich mich nur anschließen kann. Nicht jeder Balkon ist zum Bepflanzen geeignet und nicht jede Pflanze passt auf einen Balkon. Ich habe mich aufgrund meines zwar langen, aber doch sehr schmalen Balkons vor allem für vertikale Hochbeete entschieden. Besonders für Pflanzen, die sehr große Kübel brauchen oder ausladend wachsen, finde ich keinen bis kaum Platz. Stattdessen konzentriere ich mich auf Topfzüchtungen wie Buschtomate, Topf-Butternut und Chilis oder kleine Sorten wie Zwerg-Aubergine oder Snackgurke. Außerdem gibt es viele Obst- und Gemüsepflanzen, die gut und platzsparend an Regenrinnen, Rankgittern oder Lichterketten klettern. Hier ist ein bisschen Kreativität gefragt. Dazu kommt, dass sich die Pflanzen auf dem Balkon nicht selbstversorgen können und vor allem im Sommer auf regelmäßiges Gießen, ausreichend Nährstoffe und Wurzelraum angewiesen sind. Je größer die Pflanzen, desto durstiger sind sie meist auch und da ich viel unterwegs bin, denke ich schon bei der Anzucht im Frühjahr daran, welchen Bedürfnissen ich gerecht werden kann und welchen eher nicht. Nach meinem zweiten Jahr als Balkongärtnerin kann ich nun sagen: Ich liebe meinen Balkongarten und möchte nichts davon missen.

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